Die gancz handlung szo mit dem Hochgelerte[n] D. Martino Luther taglichen die weyl er auff dem Keyserlichen Reychs tag tzu Wormbs gewest, ergangen ist, auffs kurtzest begriffen. Jtem die geleytcz brieff D. M. gegeben, hyr yhnn auch begryffen seynt / [Mitarb./Übers.: Georg Spalatin]. - [Wittenberg] : [Rhau-Grunenberg], 1521. - [8] Bl. ; 4°
Einheitssachtitel: Ad Cesareae
Majestatis interrogata responsum, Wurmicae, 18. Aprilis anno 1521
Enthaltene Werke: Geleitbriefe für Luthers Reise nach Worms, u.a. von Friedrich
dem Weisen, 12.3.1521
Bibliograph. Nachweis: D. Johannes: Luther-Bibliothek, Nr.
112; Benzing 922, VD16 S 7418,
VD16 L 3665
Stadtbibliothek Worms / Lutherbibliothek, Signatur: -Mag- LB 88
Link zum Volltext: (Exemplar der Stadtbibliothek Worms)
In der lateinischen Ausgabe von Luthers Rede vom 18. April (Ad Cesaree Maiest. interrogata D.Martini L.
responsum Wurmacie xvij.(!) Aprilis. Anno M.d.xxi. VD16 L 3650),
die 1521 bei Rhau-Grunenberg in Wittenberg gedruckt wurde, endet
der lateinische Text mit dem deutschen Schlusswort: „Ich kan nicht anderst, hie stehe
ich, Got helff mir, Ame[n].“ Wohl kurz darauf erschien bei Rhau-Grunenberg die deutsche Ausgabe in
der Übersetzung von Georg Spalatin(1484-1545), kurfürstlich-sächsischer Berater
und Hofkaplan, der Friedrich den Weisen zum Wormser Reichstag begleitete, – mit dem identischen deutschen Schlusswort
(auf Blatt 5v).
Den ausgearbeiteten Text seiner Rede –
vor dem Reichstag hatte er frei sprechen
müssen - sandte Luther noch aus Worms nach Wittenberg; in dieser literarischen Überformung
ging es Luther wohl maßgeblich um seine Selbstdarstellung.
Den Schluss, der in der lateinischen Ausgabe auch typographisch hervorgehoben ist, hat Luther – so die ganz herrschende Meinung in der Wissenschaft – mutmaßlich nicht gesprochen. Thomas Kaufmann vermutet, dass Luther das Schlusswort dem nach Wittenberg gesandten ausgearbeiteten Text angefügt. Der Grund bleibt unklar. Bei dem ersten Teil „Ich kann nicht anderst“ denkt Thomas Kaufmann an ein Bekenntnis im Sinne des Apostels Paulus (1 Kor 9,16: „Denn dass ich das Evangelium predige, darf ich mich nicht rühmen; denn ich muss es tun. Und wehe mir, wenn ich das Evangelium nicht predigte“); „hie stehe ich“ könnte von Luther im Sinne von „einstehen für“ in Anlehnung an Paulus gemeint sein (z.B. Apostelgeschichte 17,22: Paulus predigt auf dem Areopag in Athen). Luther wollte sich mithin als Bekenner des Evangeliums darstellen. – Nach der lateinischen und deutschen Ausgabe von Rhau-Grunenberg in Wittenberg 1521 ist das vermeintliche Schlusswort erst wieder in der postumen Wittenberger Gesamtausgabe der Werke Luthers von 1546 und dann laufend in der Luther-Memoria zu finden; die Frage der Authentizität kam in der historischen Forschung erst anlässlich der Einweihung des Lutherdenkmals in Worms 1868 auf, wo auf der Bronzetafel unter der Statue des Reformators zu lesen ist: HIER STEHE ICH; ICH KANN NICHT ANDERS, GOTT HELFE MIR! AMEN! Auch wenn er die zum Mythos gewordenen Worte in Worms nicht gesprochen hat, bleibt es ein authentischer Luthersatz.
Thomas
Kaufmann: „Hier stehe ich!“ Luther in
Worms – Ereignis, mediale Inszenierung, Mythos. Stuttgart 2021, S. 78f.
Unte Mennecke: „Ich kann nicht anderst,
hie stehe ich, Got helff mir, Amen“. Der Streit um die Authentizität des
Wormser Lutherdiktums, in: Stefanie Frost (u.a.) (Hrsg.): Streit um die Wahrheit.
Kirchengeschichtsschreibung und Theologie. Göttingen 2014, S. 215-244.