Ein fiktiver Dialog, geführt von „Simon Hessus“ (= dem Augsburger Domprediger Urbanus Rhegius) mit Luther auf dem Reichstag

 

paulus museum worms
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© Fotograf: quelle_dilibri 0128-5-824

Argument dises biechleins. Symon Hessus zeigt an Doctori Martino Luther vrsach, warumb die Lutherische biecher vo[n] den Coloniensern vn[d] Louaniensern verbrent worden sein, dan[n] Martinus hat das begert in[n] einem biechlein, darin[n] er vrsach sagt mit. xxx. articklen im[m] geistliche[n] Recht begriffen, warumb er dem Bapst seine Recht zu Wittenberg verbrennt hatt. Auch eyn newer zusatz inn etlichen articklen begriffen. Frag vnd antwort Symonis Hessi, vnd Martini Lutheri, newlich miteinander zu Worms gehalten, nit vnlieplich zulesen.

Bibliograph. Nachweis: D. Johannes: Luther-Bibliothek, Nr. 578; VD16 ZV 13190
Stadtbibliothek Worms / Luther-Bibliothek, Signatur: -Mag- LB 398b

19 Dyalogus nit
19 Dyalogus nit

Dyalogus nit vnlustig zulesen. newlich von Martino Luther, vnd Simone Hesso, zu[e] Worms geschehen. Jch bit ein yeden leser dises biechleins, er wo[e]ll die sach jm besten verstan … 

[Urbanus Rhegius]. - [Landshut] : [Johann Weißenburger], [1521]. - [9] Bl. ; 4°

Bibliograph. Nachweis: D. Johannes: Luther-Bibliothek, Nr. 579; VD16 R 1784
Stadtbibliothek Worms / Luther-Bibliothek, Signatur: - Mag- W Gs 25


Link zum Volltext: (Exemplar der Stadtbibliothek Worms)

Die beiden in dem Augsburger Druck vereinigten ‚Verteidigungsschriften‘ für Luther erschienen - zunächst in Latein - unter dem Pseudonym Simon Hessus, hinter dem sich wahrscheinlich der Augsburger Domprediger Rhegius Urbanus (1489-1541) verbirgt, der mit seinen vom Domkapitel missbilligten Predigten den Beifall des Volkes und der Gebildeten fand. Nach dem Augsburger Reichstag 1530 begab sich Rhegius Urbanus über Coburg, wo er Martin Luther traf, nach Celle. Herzog Ernst der Bekenner, der Rhegius Urbanus auf dem Reichstag als Prediger schätzen gelernt hatte, berief ihn dorthin zum Hofprediger und Superintendenten des Herzogtums Lüneburg.

Die erste satirische Schrift ist auf den 6. Januar 1521 datiert, angeblich in Eile geschrieben von einem päpstlichen Protonotar zu Zeringen im Breisgau. Im Titel bezieht sich ‚Hessus‘ auf Luthers im Dezember 1520 erschienene Schrift Warum des Papst und seiner Jünger Bücher verbrannt sind. In 30 „artickeln“ - in der Bannandrohungsbulle vom Papst verurteilten Sätzen - will ‚Hessus‘ mit gespieltem Ernst nachweisen, warum Luthers Verurteilung unausweichlich ist: In der Rolle eines Papisten stellt er Roms berechtigtes Interesse an der Sicherung seiner Einnahmen, an der Bewahrung der klerikalen Machtpositionen und an der Ausbeutung der willfährigen Deutschen heraus - untermauert durch die Autorität scholastischer Theologen wie Prierias und Cajetan und des römischen Kirchenrechts. Ausgerechnet Johannes 18,36 („Mein Reich ist nicht von dieser Welt“) wird herangezogen, um die Superiorität des weltlichen Reiches des Papstes über Christus herauszustellen, womit die Absurdität der päpstlichen Position nur zu deutlich wird. Die Wittenberger Theologen werden - ironisch - wegen ihres schlichten Glaubens an Christus getadelt, so dass sie nicht in der Lage sind, den römischen Auslegungskünsten folgen zu können. Die Identifikation mit Luther erfolgt zweifach: Zum einen vertritt er deutsche Interessen gegen römische Ausbeutung und Bevormundung, zum anderen ist er der Theologe der paulinischen Christologie gegen Scholastik und kanonisches Recht.

Datiert vom 30. Mai 1521, am selben Fronleichnamsfest, an dem Rhegius mit einer Predigt den Unwillen des Augsburger Domkapitels erregte, erschien die zweite Schrift unter dem Pseudonym „Simon Hessus“. Es handelt sich um einen fiktiven Dialog, den der Autor während der Tage des Verhörs auf dem Reichstag mit Luther geführt haben will. Im Verlauf des Gesprächs wandelt sich der vermeintliche Luthergegner in dessen Sympathisanten, der den reinen Tor des Evangeliums vor den Fallstricken der Kirchenpolitik warnen will. Luther ist der unerschrockene Zeuge der Wahrheit, der durch niemanden einzuschüchtern und zu widerlegen ist. Gegen Luthers Christusglauben, gegründet auf 1 Kor 2,2, stehen seine romtreuen theologischen Gegner, denen es nur um Macht und Pfründe geht: der käufliche Cochläus, die ehrsüchtigen Murner und Eck, der ungebildete Tübinger Theologe Jakob Lemp. Offenbar durch Luthers für die Öffentlichkeit nicht erklärbares Verschwinden nach dem Reichstag zusätzlich motiviert, soll der Dialog zur Kirchenreform auf der Grundlage der Schrift motivieren. Als Beispiel dient ‚Hessus‘ der Augsburger Prediger Urbanus Rhegius, der sich durch Drohungen der römischen Legaten Aleander, Caracciola und Eck erst recht zur Christuspredigt anstachen lässt.

Hellmut Zschoch: Reformatorische Existenz und konfessionelle Identität. Urbanus Rhegius als evangelischer Theologe in den Jahren 1520 bis 1530, Tübingen 1995 (Beiträge zur historischen Theologie ; Bd 88), S. 30-35.

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